Die fünf Yamas

Anfang Dezember 2019 schrieb ich über den achtgliedrigen Pfad des Yoga nach Sri Patanjali.
Jetzt ist es an der Zeit, die einzelnen Glieder genauer zu betrachten und wir starten mit den fünf Yamas.

Ein kleiner Exkurs

Bevor wir zu den Yamas selbst kommen, ist es mir wichtig zu verorten, was genau Sri Patanjali damit meint. Oftmals werden die Yamas als Richtwerte für den Umgang mit anderen bezeichnet. Was durchaus Sinn macht, in meinem Verständnis jedoch nicht ganz vollständig ist.

Ich wende die fünf Yamas auch auf den Umgang mit mir selbst an. Denn wie im Aussen so im Innen und meiner Erfahrung nach ist es nicht möglich, jemandem etwas zu geben, das man sich selber verwehrt.

Aus diesem Grund würde ich die Yamas als die sogenannten „Don’ts“ bezeichnen, also als Dinge, die man nicht tun sollte. Weder sich selbst noch anderen gegenüber. Dazu passt wundebar Patanjali’s Wahl der entsprechenden Bezeichnungen in Sanskrit. Denn drei der fünf Yamas beginnen mit einem „a“, was in Sanskrit einer Verneinung, sprich einem „nicht“ gleichkommt.

Doch genug der Theorie, jetzt mal Buddha bei die Fische!

Was sind die fünf Yamas?

Ahimsa – Gewaltlosigkeit
Satya – Wahrhaftigkeit
Asteya – nicht stehlen
Brahmacarya – Mässigung
Aparigraha – nicht horten

Ahimsa
Das wohl berühmteste der fünf Yamas, welches auch eine Art „Über-Yama“ darstellt, denn an ihm richten sich die anderen vier Yamas aus.

An Ahimsa kann man zudem auch ganz schön die „Beidseitigkeit“ der „Don’ts“ zeigen: Gewaltlosigkeit gegenüber anderen aber auch gegenüber sich selbst. Denn wie oft tun wir uns selbst Gewalt an in unserem Denken, aber auch darin wie wir unseren Körper behandeln, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Satya
Die Wahrhaftigkeit (oder das Nicht-Lügen) ist ein sehr interessantes Yama. Eines, das nicht mit einer Verneinung beginnt. Anstelle von Nicht-Lügen wurde von Sri Patanjali also der unverneinte Ausdruck der Wahrhaftigkeit gewählt. Meiner Meinung nach ein Zeichen dafür, wie viel Gewicht er diesem Yama beigemessen hat.

Es ist zudem ein zweischneidiges Schwert, denn die Wahrheit kann verletzen und da beginnt dann das Abwägen zwischen Satya und Ahimsa. Ist es wirklich angebracht, immer die schonungslose Wahrheit zu sagen, wenn wir damit jemanden verletzen würden? Diese Wahl müssen wir in jeder Situation aufs neue treffen und dann mit den Konsequenzen leben.

Asteya
Nicht-stehlen, ein weiteres verneintes Yama. Wichtig ist mir hierbei, dass der Begriff nicht nur auf Materielles abzielt, sondern auch auf Ideen und Zeit. Denn diese kann man genauso stehlen. Sei es, dass man Ideen anderer als seine eigenen ausgibt oder einem Menschen übermässig viel Zeit stiehlt.

Brahmacarya
Eines der umstrittensten Yamas überhaupt, welches viele mit Enthaltsamkeit oder einem zölibatären Lebensstil in Verbindung bringen. Da halte ich es lieber mit Clare Nicholls, die in ihrem Patanjali Workshop gesagt hat, dass sie nach Möglichkeit immer die sanfteste und zugänglichste Übersetzung wählt.

Ich halte mich hier gerne sehr nahe am Begriff selbst: Brahmacarya wird im englischen Sprachgebrauch auch mit „Chariot of God“ also quasi als „Vehikel Gottes“ übersetzt. Und das ist ein sehr schöne Begriff für den Körper an und für sich. Gerade wenn man es vom non-dualistischen Blickwinkel der tantrischen Philosophie sieht, ist das ein wunderschönes Yama. Denn diesem „Vehikel Gottes“ soll man Sorge tragen, es pflegelich behandeln und nicht überbeanspruchen. Das Wort Mässigung erhält in diesem Zusammenhang dann eine ganz andere, für mich äusserst stimmige Bedeutung.

Aparigraha
Das fünfte und letzte Yama wird oftmals mit „nicht-horten“ übersetzt und zielt wie schon Satya sowohl auf Materielles als auch Immaterielles ab. Man kann nicht nur materielle Dinge horten, sondern auch Gedanken und Glaubenssätze, insbesondere solche der limitierenden Art.

Ein weiterer Aspekt ist das sich an etwas klammern, welches im Englischen mit dem treffenden Wort „Attachement“ ausgedrückt wird. „Non-attachement“ ist eines der grossen Ziele im Yoga: frei zu werden von limitierenden Glaubenssätzen, „Lärm im Kopf“ sprich zu vielen Gedanken aber auch ganz weltlich von materiellen Dingen, die uns die Bude zustellen.

Yamas on and off the mat

Auch bei der Integration der fünf Yamas in unseren Alltag halte ich es wieder mit der „Non-Duality“ der tantrischen Philosophie: es gibt keine Trennung zwischen Yogamatte und Alltag. So wie ich Yoga kennenlernen durfte, ist es kein Sport, sondern ein Lebensstil. Yoga durchdringt alle Bereiche meines Lebens und lässt nichts aus. Dementsprechend haben die fünf Yamas auch universale Gültigkeit und sie dienen mir als Raster anhand dessen ich meine Handlungen und meine Lebensweise auszurichten versuche.

Kennst Du die fünf Yamas? Wie hast Du sie für Dich übersetzt? Wo spielen sie in Deinem Leben eine Rolle?

Lass mich Deine Antworten, Ansichten und Erfahrungen gerne wissen!

🤓 Falls Du gerne über die anderen Elemente des achtfachen Pfades lesen möchtest.

3 Antworten auf „Die fünf Yamas“

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