Rezension: Hartmut Rosa – When Monsters Roar and Angels Sing: Eine kleine Soziologie des Heavy Metal*

Für einmal heisst es also «Metal trifft Soziologie» anstatt «Metal trifft Yoga» – die Parallelen sind erstaunlich und ich hatte zahlreiche Aha- und Genau-So-Momente. Entsprechend begeistert bin ich von diesem beim Kohlhammer Verlag (herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar) erschienenen Werk.

Hartmut Rosa, Professor für Soziologie und Metalhead, versteht es vorzüglich, seine verständlich dargelegten soziologischen Theorien mit Metal in Einklang zu bringen und dabei Erfahrungen zu benennen, für die es bisher keine Worte gab. 

Soziologie und Metal sind jetzt nicht unbedingt Best Buddies By Nature, dessen ist sich auch der Autor bewusst. Glücklicherweise liess er sich nicht von dieser Gratwanderung abhalten, denn sie gelingt durchwegs. Erfolgsgarant ist meiner Meinung nach die Vereinigung von Betroffenem (Metalhead mit Erfahrungen) und Experten (Soziologieprofessor mit Theorien) in einer Person.

Daher ist es nur logisch, dass das Buch, welches gemäss Nachwort (treffende Kapitelüberschrift: Outro) wie ein Konzeptalbum aufgebaut ist, die Zusammenführung seiner Resonanztheorie mit seiner musikalischen Erfahrung zum Ziel hat (nachzulesen im Intro genannten Vorwort).

Die Resonanztheorie veröffentlichte Hartmut Rosa 2016 unter dem Titel «Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung». Dieser 815seitige Wälzer steht schon seit Jahren in meinem RuB aka Regal ungelesener Bücher. Seine Tage dort sind jetzt gezählt, denn die «kleine Soziologie des Heavy Metal» ist die perfekte Einführung in ebendiese Resonanztheorie, über die ich jetzt unbedingt mehr wissen will. Nach der Lektüre ist das nicht weiter verwunderlich, denn gemäss Hartmut Rosa gehören Metalheads einer «beispiellos ‘literaten’ Szene» an, «die sich durch einen geradezu extrem hohen Grad an Belesenheit auszeichnet».

Die vorliegende Einführung in ebendiese Resonanztheorie macht meine an weit über 1’000 besuchten Auftritten gemachten Erfahrungen präziser greif- und dadurch in Worte fassbar, wofür ich unendlich dankbar bin. Denn als Metal Yoga Lehrerin werde ich oft gefragt, wie diese Kombination funktionieren kann. Wo ich bisher nur beschreiben aber nicht adäquat erklären konnte, habe ich jetzt Worte für diejenigen, die über keine eigenen Konzert- und Metal-Erfahrungen verfügen.

Kommen wir zum Kern der Theorie selbst: Resonanz ist «eine Form des In-Beziehung-Tretens mit der Welt» (hier konkret mit dem Metal) mit vier grundlegenden Elementen: 

1 – Der Moment der Berührung selbst
2 – Die Reaktion/Antwort darauf
3 – Die daraus entstehende Veränderung/Transformation
4 – Ihre prinzipielle Unverfügbarkeit 

Wer kennt den Moment nicht: da steht man an einem Konzert, wäre bereit sich berühren zu lassen und in Beziehung zu treten, doch es geschieht – nichts. Zuletzt geschehen vergangenen Samstag, jedoch mit dem Unterschied, dass mir da plötzlich durch den Kopf schoss, dass ich gerade die «prinzipielle Unverfügbarkeit» erlebe. Ich liebe es, wenn ein Buch funktioniert!

Fazit: Lebenslesehighlight und absolute Leseempfehlung für alle Metalheads und diejenigen, die uns verstehen wollen.

P.S. Dieses brillante Konzeptalbum wartet sogar mit einem Hidden Track in Form von Anmerkung Nummer 8 auf.

*Rezensionsexemplar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

error: Content is protected !!
Please note that cookies are used in order to give you the best possible experience on our website. By continuing to use this site, you agree to the use of cookies.
Accept
Reject