Yoga – dafür muss man doch beweglich sein, oder?

Das ist definitiv eine der meistgehörten Antworten, wenn mir jemand zu erklären versucht, warum er – oder sie – noch nie an einer Yoga Stunde teilgenommen hat.

Über transportierte Bilder zu sprechen würde wohl mehr als einen weiteren Blogpost ergeben, hier und heute soll es jedoch um etwas anderes gehen. Mit meinem Credo „Yoga ist für alle da!“ habe ich mir einen breiten und freien Zugang auf die Fahne geschrieben.

Überzeugungsarbeit vs. Ideen-Erforschung

Die Gedanken weshalb jemand nicht Yoga praktizieren kann, faszinieren mich ungemein und anstatt Überzeugungsarbeit zu leisten (das bringt meiner Meinung nach ohnehin nichts), frage ich lieber nach den Vorstellungen und Ideen, die mein Gegenüber von Yoga resp. der Asana Praxis hat.

Neben Beweglichkeit dreht sich auch vieles um die Vorstellungen, was für Kleidung man im Yoga trägt, welche Musik gespielt wird oder was man da generell abseits von Körperübungen so macht. Also Leggings, esoterisch-sphärische Hymnen und Räucherstäbchen für OM-singende Yogis.

Kann man erleben – muss man aber nicht. Denn: Yoga ist für alle da. Und die Stile sind vielfältig, da ist definitiv für jede*n etwas dabei.

Doch wie war das jetzt mit der Beweglichkeit?

Diese hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • bisheriges Training
  • vertraute Bewegungen / Bewegung im Alltag
  • Einschränkungen durch Verletzungen oder Beeinträchtigungen
  • individuelle Anatomie

Was geht, ist abhängig vom Körper und der individuellen Anatomie. Wenn die Yoga Haltung vergleichbar ist mit dem, was man ohnehin regelmässig übt oder im Alltag benötigt, wird sie einem leichter fallen als eine, die ganz neue Bewegungsräume erforscht.

Motion is lotion

Einer der Grundsätze aus dem Movement/Mobility Training, der jedoch auch für den ganz normalen Alltag gilt. Was man nutzt, bleibt erhalten. Was man nicht nutzt, geht mit der Zeit verloren. Da wären wir dann beim zweiten Grundsatz: Use it or lose it.

Was bedeutet das jetzt für meinen Yoga Unterricht?

Hierfür habe ich aus meiner eigenen Praxis (bestehend aus Yoga, Pilates, Budokon/Movement und früher Ju-Jitsu und Leichtathletik) folgende Grundsätze abgeleitet:

  • Erhalten, was ist/geht
  • Üben, was nicht geht
  • Grenzen respektieren

Unter Grenzen verstehe ich

  • Anatomische Besonderheiten/Grenzen
  • Dehnbarkeit
  • Verletzungen
  • Kopf

Während die ersten drei klar sein dürften, fragt man sich, was denn der vierte Punkt zu bedeuten hat. Da schöpfe ich in erster Linie aus eigener Erfahrung und weiss, wie sehr der Kopf zur Barriere, zum schier unüberwindbaren Hindernis, werden kann. Sei es aufgrund von schlechten Erfahrungen (hallo, zusammengekrachter Handstand) oder von abgespeicherten Schmerzerfahrungen (sei mir gegrüsst, liebe Bandscheibe).

Diese zu überwinden kann ein weiterer Schritt sein – und glaubt mir, es fühlt sich unglaublich toll an! – doch wichtiger ist es, die bestehenden Grenzen zu kennen, zu respektieren und in einem sicheren Rahmen auszuloten. Und genau hier kommen wir Yogalehrer*innen ins Spiel. Unsere Aufgabe ist es, einen geschützten Rahmen zu bieten, um diese Forschungen zuzulassen.

Sei ehrlich und sprich offen

Denn die Frage nach Verletzungen und Besonderheiten dient nicht nur der eigenen Absicherung, sondern in erster Linie dazu, Dich kennenzulernen. Dir sichere Anleitungen und bei Bedarf Alternativen und Optionen bieten zu können. Zu wissen, wo wir besonders auf Dich acht geben müssen. Vielleicht auch mal zu versuchen, Dich an eine Grenze heranzuführen, ohne Dich zu etwas zu drängen.

Alternative Pose zur Entlastung der Knie.

Asana ist nicht gleich Asana

So leicht einem die eine Haltung fallen mag, so schwierig bis unmöglich ist eine andere. Und dies ist nicht für jede*n gleich. Abhängig von den obengenannten Grenzen kann es sein, dass die Person auf der Matte nebenan mühelos in eine Pose gleitet, wo Du schlichtweg nicht reinkommst.

Bedenke jedoch: 1cm mehr bei einer Haltung, die nicht geht, kann an diesem Tag ein grösserer Schritt sein als dieses mühelose hineingleiten – und dennoch weisst Du nicht, was die andere Person für einen Weg zurückgelegt hat. Urteile nicht, praktiziere. Und wenn Du unbedingt einen Vergleich brauchst, dann nimm Dich selbst. Doch auch da, was gestern einfach war, kann heute unmöglich sein – und umgekehrt. Versuch daher einfach im Moment zu sein und Dich und Deine Yogapraxis zu wertfrei zu beobachten.

6 Antworten auf „Yoga – dafür muss man doch beweglich sein, oder?“

  1. Absolut richtig! Nicht jede Pose passt zu jedem Körper oder Geist und einen Versuch ist es immer (wieder) wert!
    Danke für deine Gedanken 😉

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