
Nach dem ersten Band «When Monsters Roar And Angels Sing» bespreche ich nachfolgend das zweite Werk der Metalbook-Reihe, welches mir wiederum vom Kohlhammer Verlag zur Verfügung gestellt wurde – vielen Dank dafür.
Auf die soziologische Betrachtung des ersten Bandes folgt mit «Make Metal Small Again – 20 Jahre Malmzeit» nun eine Band-Biografie. Diese kann unabhängig von Band 1 gelesen werden und trifft ihrerseits sowohl die Metal-Szene als auch den Zeitgeist passgenau. Die Reihe (vorerst) abschliessen wird dann im Dezember Manuel Trummers «Highway to Hell» mit Fokus auf dem Satanistischen – ich bin gespannt!
Jörg Scheller ist mir aufgrund seines Buches «Metalmorphosen – Die unwahrscheinlichen Wandlungen des Heavy Metal» ein Begriff, doch Malmzeit waren mir bis dahin jedoch gänzlich unbekannt – was nicht weiter verwunderlich ist, da es sich um eine reine Live-Band, ohne physische Releases oder Streamingmöglichkeiten handelt. Mutig, wenn man bedenkt, dass Metaller mit Abstand am meisten physische Releases kaufen. Doch darum geht es der Band mit dem Untertitel «Make Metal Small Again» eben gerade nicht.
Im «Trash-Metal – ohne h!» beheimatet, befasst sich das teetrinkende Anzugträger-Duo – Jörg Scheller aka Earl Grey (Bass, Vocals) und Jochen Neuffer aka Sumatra Bop (Gitarre, Smartphone, Beats) – mit einem DER grossen Themen des Metal überhaupt: dem Wetter. Für jeden (Metal-)Festivalgänger ein äusserst wichtiges Thema, wie diesen Sommer auch dem Mainstream bewusst geworden ist.
Das vorliegende Buch ist durchwegs erheiternd und erquickend, zudem besticht es durch eine herrlich erfrischende Selbstironie, was dem Ganzen eine ureigene Trveness verleiht. Jedes der insgesamt 21 Kapitel befasst sich mit einem Jahr Bandgeschichte – vom Gründungsjahr bis zum 20jährigen Jubiläum im 2023.
Spezialisiert auf «Kammer-Metal» bringt der «Heavy-Metal-Lieferservice» die Musik ins heimische Wohnzimmer oder wo auch immer der Musikhunger gestillt werden soll. Das Ganze zeitgemäss annähernd CO₂-neutral. Die selbsternannten «Erben Manowars» spielen ausschliesslich sitzend und mit «Bühnenbetassung» zuzüglich der im Technical Rider vermerkten «Packung Kekse». Die Wahl der Lautstärke wird – maximal kundenorientiert – vollumfänglich dem Gastgeber überlassen.
Mit fortschreitender Lektüre wuchs dann auch die Neugier auf eine Kostprobe des Malmzeit’schen Könnens. Da aus Gründen nicht einfach kurz bei Spotify auf Play gedrückt werden konnte, sprang der Verlag in die Bresche und reicherte das Buch um eine interaktive Komponente in Form von insgesamt 28 am Seitenrand platzierten QR-Codes an. Diese lieferten die passenden Kostproben zu den geschilderten Auftritten und Ereignissen und halfen, Malmzeit stilistisch zu verorten.
Als Genrebezeichnung erwiese sich «Trve German Meteorologic Trash Metal» als passend für den zeitsparenden Lieferservice mit dermassen ausgeklügeltem Konzept, dass jede Black Metal Band vor Neid erblassen würde.
Ihrerseits dürfen sich Malmzeit dank eines Freud’schen Versprechers von Earl Grey die Geburtsstunde des zur Selbstbezeichnung gewordenen Sub-Genres «Heavy Mental» auf die Fahne schreiben. Dazu passend wird Jörg Scheller am Sonntag, 5. November 2023 an einem Podiumsgespräch mit Nico Rose zum Thema „Me(n)tal Health“ in der Schüür Luzern/CH zu hören sein. Präsentiert wird der dritte Metal Talk über Heavy Metal, Psychologie und mentale Gesundheit von Metal Storm Concerts.
Fazit: ein Buch für alle, die Metal lieben, leben und einen ausgeprägten Sinn für feine Selbstironie haben.